Der mutmaßlich erste versuchte Mord des NSU war bereits 1998

Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Dr. Peer Stolle vom 23.06.2015

 

Der mutmaßlich erste versuchte Mord des NSU war bereits 1998

 

Die Hauptverhandlung wurde trotz der laufenden Auseinandersetzung zwischen Zschäpe und ihren Verteidigern fortgesetzt. Zwischen ihnen herrschte weiterhin „Funkstille“. Ein Antrag, die Verhandlung bis zu einer Entscheidung über die Entpflichtung der Verteidiger zu unterbrechen, wurde nicht gestellt.

 

Stattdessen wurde der Zeuge Falko K. vernommen. Er war nach bisherigen Erkenntnissen der Erste, der nach Untertauchen der Drei, erschossen werden sollte. Nach der bisherigen Beweisaufnahme überfielen Mundlos, Böhnhardt sowie ein dritter bislang nicht identifizierter Täter zur Finanzierung der gemeinsamen Zeit des Trios im Untergrund am 18. Dezember 1998 in Chemnitz einen Edeka-Markt in der Irkutsker Strasse. Falko K. stand davor und verfolgte die flüchtigen Täter. Interessant ist, dass der Zeuge drei Täter beschrieb. Zwei standen, als er kam, bereits vor der Tür, einer kam noch aus dem Supermarkt. Einen konnte der Zeuge eindeutig als männlich beschreiben. Ob eine der beiden anderen vermummten Personen eine Frau war, konnte er heute nicht mehr genau sagen. Alle Drei seien zusammen geflohen. Er verfolgte sie; sie wollten ihn abhängen. Einer schoss auf ihn, als er nicht stehen blieb. Die Kugeln verfehlten ihn nach seiner Aussage nur knapp am Kopf und der Brust und schlugen in die Wand des Marktes hinter ihm ein.

 

Die Tat ist als versuchter Mord angeklagt. Falko K. war bis zuletzt durch die Bundesanwaltschaft nicht als Zeuge ermittelt worden. Die Akten des Falls waren – rechtswidrig – vernichtet worden. Erst auf einen Antrag der Nebenklage wurden die Ermittlungen zur Identifizierung des Zeugen wieder aufgenommen und dieser tatsächlich anhand von rekonstruierbaren Restakten ausfindig gemacht. Heute schilderte er das Geschehen noch mit guter Erinnerung nachvollziehbar und plausibel – letztlich war er knapp dem Tod entronnen, weshalb sich ein derartiges Geschehen in sein Gedächtnis eingebrannt zu haben scheint.

 

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