Ehemalige Nachbarin über Zschäpe: „eine angenehme Person, sehr freundlich, sehr offen“, den Rest „habe ich aus dem Kopf gestrichen“

Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle vom 24.02.2015

 

Ehemalige Nachbarin über Zschäpe: „eine angenehme Person, sehr freundlich, sehr offen“, den Rest „habe ich aus dem Kopf gestrichen“

 

Hörbar erkältet begann der Vorsitzende den heutigen Hauptverhandlungstag. Auch Zschäpe sei, so teilten ihre Verteidiger mit, noch gesundheitlich angeschlagen. Heute sagte zunächst eine ehemalige Nachbarin aus der Polenzstraße in Zwickau aus.

Zschäpe kenne sie unter „Lisa“, sagt Gabriele S. Über eine weitere Nachbarin habe sie ab und zu Kontakt zu ihr gehabt, etwas getrunken oder auf dem Hof gegrillt. „Lisa“ habe berichtet, dass ihr Schwiegervater genug Geld habe, sie selbst nichts verdienen müsse. Später sei die „Lisa“ in die Frühlingsstraße gezogen. In ihrer Wohnung sei sie nie gewesen. Eigentlich habe Zschäpe mit zwei Männern zusammen gewohnt, die hätte sie aber nur zweimal gesehen. Einmal hätten die Drei einen Urlaub vorbereitet. „Lisa“ habe immer nur von einem der Männer, als ihrem Freund gesprochen, deswegen dachte die Nachbarin, dass dort nur ein Mann wohnen würde. Die zwei Männer beschrieb sie mit als muskulös zum einen und hager hinsichtlich des anderen, dazu jeweils Glatze. Beide hätte sie beobachtet, wie sie Taschen in ein Wohnmobil auf dem Aldiparkplatz nebenan gepackt hatten. Zschäpe habe ihr gesagt, dass die Männer auf Montage fahren. Ein weiteres Mal beluden sie das Wohnmobil auf der Polenzstraße. Mit Zschäpe habe sie oft über Belangloses gesprochen. Sie habe sich gern mit ihr unterhalten; „eine angenehme Person, sehr freundlich, sehr offen“. Zschäpe sei auch nach ihrem Auszug in die Frühlingsstraße öfter an der alten Adresse vorbei gekommen und hätte erzählt, dass die Jungs gerade einen „Männerabend“ machen. Kurz vor Selbstenttarnung des NSU habe die „Lisa“ sehr gestresst gewirkt und auch mehr getrunken. Das sei so 14 Tage bevor das Haus in die Luft flog, gewesen. Einmal sei „Lisa“ auch aggressiv und sehr laut gegenüber einer anderen Nachbarin geworden. Die Zeugin dachte: „jetzt haut sie ihr eine“, was dann aber tatsächlich nicht passiert ist.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

„An vielen Stellen wich die Zeugin aus, merkte an: „Das habe ich aus dem Kopf gestrichen“: eine Verdrängungsleistung, die im Hinblick auf ihre ansonsten durchaus detailreichen Erinerungen schon sehr erstaunlich erscheint. Denn es dürfte wohl ein einschneidendes Ereignis sein, wenn die langjährige Nachbarin an mindestens 10 Morden und 2 Sprengstoffanschlägen beteiligt gewesen sein soll. Daran erinnert man sich für gewöhnlich und streicht es nicht „aus dem Kopf“.“

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