„Ich kann jetzt nicht irgendwas Falsches sagen, wenns dann nicht stimmt...“: Juliane W., Ex-Freundin von Wohlleben und Gewährsperson des Verfassungsschutzes half bei der Flucht des Trios, will aber von nichts gewußt haben...

Pressemitteilung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Stolle und Scharmer vom 26.03.2014

„Ich kann jetzt nicht irgendwas Falsches sagen, wenns dann nicht stimmt...“: Juliane W., Ex-Freundin von Wohlleben und Gewährsperson des Verfassungsschutzes half bei der Flucht des Trios, will aber von nichts gewußt haben

Am heutigen Tag war zunächst die Ex-Freundin von Wohlleben, Juliane W., geladen. Über ihn hatte sie auch ca. 1997 Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt kennen gelernt. 1999 hätten Wohlleben und sie sich getrennt. Sie habe mit den Dreien nur loosen Kontakt gehabt, im Jugendclub oder in der Disko. Es sei alles zu lange her, um das noch genauer zu schildern. Mit Böhnhardt habe sie am Tag des Untertauchens Kontakt gehabt. Auf ihrer Betriebsschule habe er sie mit Volker H., ihrem damaligen Ex-Freund, zusammen abgeholt. Sie müsse mitkommen, weil Wohlleben sonst vielleicht ins Gefängnis müsse. Es sei alles so schnell gegangen, das habe sie gar nicht richtig „verarbeiten“ können. Zschäpe und Mundlos habe sie an diesem Tag nicht gesehen. Sie sei mit Volker H. nach Erfurt zu Wohlleben gefahren, habe diesen informiert. Allerdings behauptet sie, dass sie selbst gar keine Kenntnis gehabt habe, worum es überhaupt ging und auf der Fahrt angeblich auch nicht nachgefragt habe. Das habe dann wohl der Volker H. dem Wohlleben erklärt. Sie sollte noch Sachen aus der Wohnung von Mundlos holen, sei dazu aber nicht mehr gekommen, weil die Polizei sie dabei ertapte. Aus der Wohnung von Zschäpe habe sie einen Müllsack voll Kleidung geholt und ins Auto gebracht. Sie hätte nicht gedacht, dass die Drei flüchten wollen, sie habe ja auch „nichts“ gewußt. Danach habe sie auch keinen Kontakt mehr gehabt.

Sie sei davor nur einmal bei Zschäpe zu Besuch gewesen. Die Wohnung sei „normal“ eingerichtet gewesen. Auf Vorhalt erklärte sie, dass an einer Wand verschiedene Waffen ausgehängt waren. Alle hätten ja auch Springerstiefel und Bomberjacke getragen, Böhnhardt und Mundlos auch braune Uniform. Der Vater von Mundlos habe bei ihr vor der Tür gestanden und richtig Theater gemacht, wollte wissen, wo die drei sind. Er habe sie auch mal verfolgt. Die Polizei habe ihr auch erklärt, dass sie Frau Mundlos kontaktiert habe, um ein Konto oder eine Kreditkarte für die Drei einzurichten. Daran erinnere sie sich aber nicht mehr.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:

“Es mag ja nachvollziehbar sein, dass die Zeugin sich nach 16 Jahren nicht an Details erinnert. Allerdings ist ihre Aussage davon geprägt, dass sie immer dann, wenn es vermeintlich positive Aspekte für die Angeklagten, insbesondere Wohlleben, ging, recht gute Erinnerungen hatte. Viele der Aussagen waren nicht ansatzweise plausibel und standen zu weiteren Angaben der Zeugin im Widerspruch.“

1998 hatte sie Kontakt zum Verfassungsschutz. Zwei Männer hätten sie von der Arbeitsstelle abgeholt und im Auto gefragt, wo die Drei sich aufhalten. Sie habe gesagt, dass sie das nicht wisse. Dafür habe sie 100 DM bekommen. Ein zweites Mal sei sie auf der Straße angesprochen worden, auch mit der Frage, ob sie Informationen über Wohlleben vom Trio habe. Auch habe sie dafür, dass sie angeblich keinerlei Angaben machen konnte noch einmal 100 DM bekommen. Weitere Treffen habe es nicht gegeben. Es sei aber „immer ausschlaggebend“ und „viel die Rede“ davon gewesen, ob Wohlleben etwas über den Verbleib des Trios wissen würde. Sie solle sich melden, wenn sie etwas neues wisse. Ob und wie sie mit dem Verfassungsschutz wieder in Kontakt treten hätte können, wisse sie nicht. Jedenfalls habe sie nie wieder Kontakt gehabt. Das Geld habe sie gern genommen, weil sie ja wenig verdient habe. Wohlleben sollte sie von den Treffen nichts berichten, woran sie sich gehalten habe. Sie sei auch nie wieder darauf angesprochen worden. Von Bundesanwalt Weingarten wurde ein handschriftliche Zettel vorgehalten, auf dem  verscheidene Kontaktpersonen von Wohlleben notiert waren. Sie bestätigte, dass es ihre Handschrift sein könne. Wie dieser Zettel und weitere Informationen in die Akte des Thüringer Verfassungsschutzes gekommen wären, könne sie nicht erinnern.

Sie selbst sei in der rechten Szene nur eine Mitläuferin gewesen. Welche Veranstaltungen Wohlleben organisiert oder an welchen er teilgenommen habe, wisse sie nicht. Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt seien auch zweimal mit ihr bei rechten Demos gewesen. Mehr zur politischen Einstellung von den Dreien wisse sie angeblich nicht. Der „Thüringer Heimatschutz“ sei nur ein Oberbegriff für eine „rechts angehauchte“ Clique gewesen. Das „Pogromoly-Spiel“ kenne sie und habe sie auch mal u.a. mit Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt und Holger G. gespielt. Sie hätten auch mehrere von den Spielen im Keller gehabt. Warum, wisse sie nicht.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

“Dafür, dass Juliane W, alias GP Jule, angeblich keinerlei Informationen an den Verfassungsschutz weitergegeben haben will, hat sie dennoch Geld bekommen? Dass sie dem Verfassungsschutz keine Informationen gegeben hat, mußte sie vor Wohlleben geheim halten? „Thüringer Heimatschutz“ nur eine „rechts angehauchte“ Jugendclique? - alles nicht ansatzweise nachvollziehbar. Wieder eine Zeugin aus dem Umfeld der Angeklagten, die versucht, wesentliche Dinge zu verschweigen. Gelungen ist es ihr im Ergebnis nicht. Denn auch vermeintliche Gedächtnislücken werden durch das Gericht am Ende bewertet werden.“

Die Vernehmung gestaltete langwierig und war von einem teils weinerlich selbsmitleidigen bis hin zu zu einem teils schnippischen Ton geprägt. Es entstand der Eindruck, dass Juliane W. die Dimension von 10 Morden und zumindest 2 Sprengstoffanschlägen überhaupt nicht vergegenwärtigt hat oder sie ihr schlicht egal ist.

Der eigentlich für den heutigen Verhandlungstag geladene weitere Zeuge Andreas R. aus dem Umfeld des „Thüringer Heimatschutz“ wurde wegen der langen Dauer der Vernehmung von Juliane W. auf Mai verlegt.

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