Bernd T. - „Sturm 18 Präsident“ aus Kassel mit dreisten Lügen

Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle vom 11.02.2015

 

Bernd T. - „Sturm 18 Präsident“ aus Kassel mit dreisten Lügen

 

Bernd T., ein bulliger Mann mit Glatze, Bomberjacke und Springerstiefeln erschien heute als Zeuge im Münchener Oberlandesgericht. Deutlich sichtbar trug er einen Pullover mit der Aufschrift „Sturm 18“. 18 steht für die Buchstaben des Alphabets AH, also Adolf Hitler. Sturm 18 ist eine Neonaziorganisation, die sich an den englischen Begriff „Combat 18“ anlehnt. Nach dem Prinzip des „führerlosen Widerstandes“ mit Terroranschlägen und Morden ohne aktuelle Bekennerschreiben, wie es „Combat 18“ propagiert, handelte auch der NSU. Es war demnach von Anfang an klar, dass dieser Zeuge aus seiner Ideologie heraus heute nicht sonderlich kooperationswillig sein dürfte.

 

Aus der Haft heraus hatte sich der Naziführer aus Kassel 2011, kurz nach Selbstenttarnung des NSU, versucht dem Hessischen Verfassungsschutz anzudienen: Informationen gegen Hafterleichterungen. Der Verfassungsschutz leitete das Schreiben an die Ermittlungsbehörden weiter. T. wurde daraufhin von einem Staatsanwalt und zwei Polizeibeamten vernommen. Damals gab er an, das Trio seit 2003 zu kennen und sowohl in Kassel, als auch in Zwickau getroffen zu haben. Er machte detailreiche Ausführungen zu mehreren Treffen. Auch stellte er Verbindungen zur Dortmunder Naziszene um die Band „Oidoxie“ her. Heute stritt er alles ab. Zunächst sagte er schlicht, dass er keine Aussage machen will. Als ihn der Vorsitzende auf seine Aussagepflicht hinwies, blaffte er zurück „Dann erinnere ich ebenan nichts“. Auf mehrfache Nachfragen erklärte er dann, dass er so etwas nie ausgesagt habe. Die BKA Beamten hätten versucht, ihm etwas in den Mund zu legen. Er habe aber nichts dazu gesagt. Die vierseitige Vernehmung, die seine Unterschrift trägt, hätten sich die Beamten angeblich inklusive aller Details ausgedacht. An konkrete Sachverhalte erinnerte er sich auch auf Vorhalt nicht. Er sei zwar öfter mal in Zwickau gewesen. Sein Bruder habe dort u.a. 2003/2004 gewohnt. Auch zu mehreren Feiern sei er gefahren, wann und wo die Feiern stattfanden, wisse er angeblich nicht mehr.

 

Bernd T. wird morgen weiter vernommen werden.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

 

„Bernd T. hat nicht nur offensichtlich gelogen, er hat faktisch auch die Aussage verweigert. Aus der Akte ergeben sich viele Anknüpfungspunkte, die dafür sprechen, dass T. Kontakt zum NSU-Kerntrio hatte. T. mag damals die Motivation gehabt haben, Hafterleichterungen zu bekommen und hat ggf. Dinge übertrieben. Die Detailreiche seiner damaligen Aussage, seine Verbindungen nach Zwickau und Johanngeorgenstadt und seine Führungsrolle bei „Sturm 18“, die er auch äußerlich in der Verhandlung präsentierte, sprechen jedoch eindeutig dafür, dass er sich damals seine Angaben nicht ausgedacht hatte. Bernd T. muss nach diesem Prozess mit einer Verurteilung wegen Falschaussage und – auch wegen seiner Dreistigkeit und seinen Vorbelastungen – mit einer hohen Freiheitsstrafe rechnen. Für den Prozess bedeutet die Falschaussage, dass uns Bernd T. bei der notwendigen Aufklärung nicht weiter gebracht hat. Jetzt werden wir vielmehr weitere Zeugen zu den Aussagen von Bernd T. hören müssen.“

 

Am Nachmittag sagte ein Sprengstoffsachverständiger des LKA Bayern zur Nagelbombe in der Keupstrasse aus. 5,5 Kg Schwarzpulver waren in einer Campingdruckgasflasche gefüllt und mit ca. 800 Zimmermannsnägeln umhüllt worden. Im Zeitpunkt der Zündung dehnte sich der Inhalt der Flasche um das 340-fache aus. Es kam zur Explosion mit einer 2000 Grad heißen Gaswolke. Die Druckwirkung aber auch die Splitterwirkung der Nägel und Gasflasche war potentiell tödlich. Noch in einer Entfernung von 100 Metern konnten die Nägel und Splitterfragmente faktisch wie Geschosse tödliche Verletzungen hervorrufen. Auch in den Wohnungen um den Tatort herum gab es heftige Splitter und Nägeleinschläge.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

 

„Es war nur dem Zufall zu verdanken, dass der Plan der Täter nicht vollständig aufging: zwar viele Menschen teils schwer verletzt wurden durch großes Glück aber niemand gestorben ist. Wer eine Bombe mit 5,5 kg Sprengstoff füllt und mit 800 Zimmermannsnägeln ummantelt, will nicht nur verletzten, der zielt darauf ab, möglichst viele Menschen zu treffen und umzubringen.“

 

Abschließend wurde ein rechtsmedizinischer Sachverständiger gehört, der im wesentlichen die Ausführungen des Sprengstoffsachverständigen bestätigte. Die Nägel hätten, je nachdem wie sie jeweils auf den menschlichen Körper auftreten, zu schwersten und potentiell tödlichen Verletzungen im Bereich der inneren Organe oder des Kopfes führen können.

 

 

 

 

 

 

 

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