V-Mann Führer von Tino Brandt über seine „Topquelle“; Warum wurde die Spur des Trios nach Sachsen nicht weiter verfolgt?

Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle

vom 11. November 2014

 

V-Mann Führer von Tino Brandt über seine „Topquelle“

Warum wurde die Spur des Trios nach Sachsen nicht weiter verfolgt?

 

Heute wurde die Vernehmung des ehemaligen V-Mann Führers von Tino Brandt, Norbert Wießner, die im März unterbrochen worden war, fortgesetzt. Brandt habe berichtet, dass er von Böhnhardt über eine Telefonzelle kontaktiert wurde.

 

Ihm seien später Observationsfotos aus Chemnitz gezeigt worden, dort habe er Böhnhardt aber nicht identifizieren können oder wollen. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Person definitiv Böhnhardt gewesen sei. Wohlleben sei die entscheidende Schnittstelle zum Trio in Jena gewesen, deswegen habe man versucht, über Brandt Informationen von ihm zu bekommen. Auch der Angeklagte Carsten S. sei in Kontakt mit dem Trio gewesen und habe Informationen darüber auch an André Kapke weitergegeben. Carsten S. habe auch Gelder nach Sachsen transferiert. Später sei Carsten S. ausgestiegen. Das müsse 1999 bis 2000 gewesen sein.

 

Brandt habe auch selbst Notizen gefertigt und an den Verfassungsschutz übergeben. Er berichtete über Geldspenden und Kontakte zum Trio nach Sachsen. Brandt habe erfahren, dass die Drei sich lieber selbst erschießen, als sich stellen würden.

 

Auf unsere Nachfragen erklärte Wießner gewusst zu haben, dass gegen Brandt über 30 Strafverfahren anhängig gewesen sind. Alle seien eingestellt worden. Detaillierte Kenntnisse darüber gab Wießner nicht preis. Es sei um szenespezifische Vorwürfe - wie Landfriedensbruch - gegangen. Man – bzw. er - habe „damit leben können“.

 

Auch blieb nach unseren Vorhalten unklar, warum die Spur des Flucht-PKW's nach Sachsen nicht weiter verfolgt wurde. Brandt hatte einen entsprechenden Hinweis gegeben. Der „Top-Quelle“ mit „B-Status“, was fast die höchste Zuverlässigkeitseinstufung des Verfassungsschutzes war, wurde aber gerade in diesem Punkt nicht geglaubt, weil eine Gewährsperson, die man für grundlegend unzuverlässig hielt, nämlich Andreas R., „glaubhaft“ das Gegenteil behauptete. Wießner kam zu diesem Punkt sichtlich in Erklärungsnot, flüchtete sich letztlich in Erinnerungslücken oder meinte trotz Aktenlage selbst dafür nicht zuständig gewesen zu sein.

 

Wießner verharmloste die rechte Szene von damals. Angeblich sei nur ein geringer Teil gewaltbereit gewesen. Dass diese „drei Kleinkriminellen“ in den Untergrund gehen und Menschen umbringen, hätte er nie gedacht. Nachgefragt, warum er die Drei als „Kleinkriminelle“ einschätze, erwiderte Wießner nur, dass die Vorstrafen von Böhnhardt nicht so heftig gewesen seien. Dass die Drei Sprengstoff, Rohrbombenbauten und Propagandamaterial sammelten, habe er in seine Einschätzung nicht einbezogen. Wießner beschwerte sich über die Aktenfreigabe aus Thüringen. Auch in anderen Bundesländern habe es doch Sperrvermerke gegeben. Das sei aus seiner Sicht auch sinnvoll. Die Sachen müssten geheim bleiben.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

 

„Wießner negiert noch heute eigene Fehler, verharmlost rechte Gewalt und bezeichnet die mutmaßlichen Täter von mindestens 10 Morden, 2 Sprengstoffanschlägen und etlichen Banküberfällen als „Kleinkriminelle“. Wenn Wießners Einstellung im Thüringer Verfassungsschutz mehrheitsfähig war, lässt sich nachvollziehen, warum ernsthafte Bemühungen, das Trio zu finden nicht zu verzeichnen sind. Es erklärt auch, dass einer unzuverlässigen Gewährsperson auf einmal mehr geglaubt wurde als Brandt, als dieser zumindest einen konkreten Hinweis auf den Aufenthaltsort des Trios in Sachsen gegeben hatte. Man hätte das Trio stoppen können, es waren keine „Pannen“, die das verhindert haben, es war eine Einstellungsfrage.“

 

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