Anschlag in der Probsteigasse: Das Überleben der Opfer war ein absoluter Glücksfall

Presseerklärung der Nebenklägervertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle
vom 26. Juni 2014

Anschlag in der Probsteigasse: Das Überleben der Opfer war ein absoluter Glücksfall

Nach zwei Tagen Zeugenvernehmungen in Thun (Schweiz) wurde heute die Hauptverhandlung vor dem OLG München nach zweiwögiger Pause fortgesetzt.

Zunächst wurde kurz eine Polizeibeamtin aus Köln vernommen. Sie hatte die Vertriebswege der Gasflasche überprüft, die zum Bau der Bombe in der Probsteigasse in Köln benutzt wurde. Die Käufer der Gasflasche ermittelte sie nicht. Das war allerdings auch nicht verwunderlich, da die Einsatzleitung vorbestimmt hatte, dass allein im Postleitzahlenbereich 5.... gesucht werden solle, also im Raum Köln.

Danach folgte die Vernehmung des Sprengstoffsachverständigen zum Tatort in der Probsteigasse in Köln. Er zeigte Bilder aus dem Geschäft der Familie M., die eine totale Verwüstung durch die Bombe zeigten.

Die Verletzte hat offensichtlich nur durch einen unglauiblich glücklichen Zufall überlebt: Zum Zeitpunkt der Detonation bückte sie sich hinter einen Schreibtisch, um etwas aus der untersten Schublade zu holen. Nur so konnte sie mit schwersten Verletzungen überleben. Die Wucht der Detonation war nämlich so gewaltig, dass selbst Deckenbalken herausgerissen wurden.

Im ganzen Verkaufsbereich verteilten sich Metallsplitter aus der Bombe, die schneller als Pistolengeschosse mit 1000 km/h durch die Luft geflogen waren. Die Bombe war ursprünglich auch dafür konstruiert, dass sie bei Öffnung der Stollendose sofort explodiert. Nur weil über vier Wochen niemand die Dose geöffnet hatte, waren die Akkus für den Zünder zwischenzeitlich so schwach geworden, dass die Expolsion ca. 10 Sekunden verzögert auftrat - die Zeit, die Frau M. hatt, um sich hinter den Tisch zu begeben.

Der vom Oberlandesgericht beauftragte Gerichtsmediziner erklärte daraufhin das Risiko der Bombenexplosion. Wäre die Bombe - wie geplant - bei Öffnung sofort explodiert, hätte das Frau M. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht überlebt. Er erläuterte die Verletzungen anhand von Fotos, die die schwersten Verletzungen - insbesondere die Verbrennungen und Splitter im Gesicht von Frau M. - zeigen. Zschäpe schaute nicht hin.

Ein weiterer Zeuge aus dem Umfeld von Uwe Böhnhardt war heute trotz Ladung und ohne Entschuldigung nicht erschienen.

Die Kolleginnen Lunnebach und Clemm stellten sodann mehrere Beweisanträge zum Anschlag in der Probsteigasse. Diese beziehen sich zum einen auf die Vorlage von Akten des Staatsschutzes und Verfassungsschutzes in NRW, die Vernehmung der Leiterin des Landesamtes für Verfassungsschutz und die Beiziehung einer Akte der Waffenbehörde zu Johann H.

Die Anträge zielen darauf ab, dass die vollständigen Akten vorgelegt werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass weitere Mitgleider des "NSU" existieren, die an dem Anschlag mitgewirkt haben. Diese Frage stellt sich insbesondere bei dem bekannten Rechtsextremisten Johann H.






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