Die Rolle der V-Männer muss in dem NSU-Verfahren aufgeklärt werden.

Pressemitteilung der Nebenklägervertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle v. 21. Mai 2014

Die Rolle der V-Männer muss in dem NSU-Verfahren aufgeklärt werden.
Vertreter der Nebenklage stellen entsprechenden Beweisantrag und kündigen weitere an.

Im Mittelpunkt des heutigen Hauptverhandlungstages stand, wie auch schon am gestrigen Hauptverhandlungstag, der 4. November 2011 in Eisenach.

Am gestrigen Hauptverhandlungstag wurden zunächst Mitarbeiter und Kunden der Sparkassenfiliale in Eisenach, die am 4. November 2011 von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos überfallen worden sein soll, vernommen. Sie schilderten zwei Männer, die sehr professionell und ruhig den Überfall begangen haben und dabei – so die späteren Feststellungen der Sparkasse – über 70.000,00 € erbeutet haben. Dieses Geld wurde am gleichen Tag in dem von Böhnhardt und Mundlos benutzten Wohnmobil sichergestellt.
Am Nachmittag stellten einige Vertreter der Nebenklage, darunter auch die Rechtsanwälte Scharmer und Stolle, den Antrag, den Zeugen Carsten Sz. zu vernehmen. Carsten Sz. war eine zentrale Figur der Nazi-Szene Brandenburgs in den 1990er Jahre. Er hat einen Ableger des Ku-Klux-Klan mitgegründet und wurde wegen des versuchten Mordes an einem Flüchtling 1995 zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Aus der Haft heraus hat er Kontakt zum Brandenburger Verfassungsschutz aufgenommen. Mit dessen Hilfe wurde er sehr schnell in den offenen Vollzug verlegt und 1997 nach 2/3 der Strafe auf Bewährung entlassen. Der Zeuge hatte u. a. auch über Waffenbeschaffungen des Trios dem Verfassungsschutz berichtet. Die Vertreter der Nebenklage haben angekündigt, auch zu sämtlichen anderen V-Männern und Gewährpersonen aus dem Umfeld des Trios Beweisanträge zu stellen.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu: „Die Vernehmung sämtlicher V-Männer aus dem Umfeld des NSU ist zur Sachaufklärung unabdingbar. Auf der Beweisliste der Bundesanwaltschaft, auf der sich mehr als 600 Zeugen befinden, sind lediglich zwei V-Männer aufgeführt, obwohl schon jetzt die Existenz von mehr als ein Dutzend V-Männer im Umfeld des Trios bekannt ist. Dass diese über keine für das Verfahren relevanten Kenntnisse verfügen, ist unwahrscheinlich. Sie sind hier in dem Verfahren zu hören – u. a. zu ihrem Wissen über die Aktivitäten des Trios, zu ihrer Zusammenarbeit mit den Verfassungsschutzämtern und den von ihnen weitergegebenen Informationen.“

Am heutigen Hauptverhandlungstag wurde zunächst der Sachverständige, der die Leichen von Mundlos und Böhnhardt obduziert hatte, vernommen. Es seien, so der Sachverständige, am 5. November 2011 zunächst Ganzkörperscans von den Leichen gefertigt worden. Beide Leichen hätten sehr schwere Schädelverletzungen aufgewiesen. Bei Böhnhardt seien eine Einschussverletzung an der linken Kopfseite und Schmauchspuren festgestellt worden. Der Einschuss sei relativ groß, 2,5 cm, gewesen, was für die Verwendung eines größeren Kalibers, wie bei Langwaffen, spräche. Bei Mundlos habe man zunächst keine typische Einschussverletzung, dafür aber eine noch massivere Zerstörung des Kopfes festgestellt. Beim Öffnen des Mundes habe man Schmauchspuren und eine völlige Zerstörung des Gaumens festgestellt. Dies spräche für einen nach oben gerichteten Einschuss in die Mundhöhle. Weder bei Mundlos noch bei Böhnhardt hätten Rauchgas- oder Rußeinatmungen festgestellt werden.

Im Anschluss wurde seitens des Nebenklägervertreters Hoffmann der Antrag gestellt, den von dem Angeklagten André Eminger getragenen Kapuzenpullover sicherzustellen. Auf dem Kapuzenpullover befindet sich ein Bild mit einem vermummten Mann mit einer Langwaffe. An den Ärmeln befinden sich die Schriftzüge „Black Metal Kommando“ und „Satanic Warmaster“. Eine kurze Internet-Recherche ergab, dass es sich bei „Satanic Warmaster“ um eine Black-Metal-Band mit NS-Bezug handelt. Auf der im Internet verfügbaren CD befindet sich auch noch der Schriftzug „Gas Chamber“. Die Sicherstellung war erforderlich, weil die Inaugenscheinnahme des Kapuzenpullovers Erkenntnisse zu der inneren Einstellung des schweigenden Angeklagten Eminger zu den Taten, zur NS-Ideologie und zum bewaffneten Kampf erlaubt. Der Pullover wurde zunächst durch die Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommen und anschließend zu Dokumentationszwecken fotografiert. Eine Sicherstellung erfolgte allerdings nicht.

Im Anschluss wurden die beiden Polizeibeamten, die als erstes an dem Wohnmobil gewesen sind, vernommen. Beide haben übereinstimmend berichtet, dass sie drei Knallgeräusche, die sie als Schüsse identifizierten, vernommen hätten. Nach dem dritten Knallgeräusch habe es im Wohnmobil angefangen zu brennen, es habe eine starke Rauchentwicklung gegeben, dann sei das Dach in die Luft geflogen. Anschließend seien sowohl die Feuerwehr als auch die Kriminalpolizei gekommen. Personen, die das Wohnmobil betreten oder verlassen hätten, hätten sie nicht wahrgenommen. Seitens des LKA sei ihnen im Anschluss gesagt worden, der erste Schuss sei auf die beiden Polizeibeamten gerichtet gewesen. Von Feststellungen zu entsprechenden Einschussstellen u. ä. konnten die Zeugen nichts berichten.

Am Nachmittag wurde dann noch mal der Sachverständige, der die bei den rassistischen Morden verwendeten Waffen der Marken Ceska und Browning untersuchte, angehört. Nach seinen Ausführungen können die in dem Brandschutt der Frühlingsstraße gefundenen Waffen den an den Tatorten aufgefundenen Projektile und Hülsen zugeordnet werden.

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