GBA: Rechte Hintermänner des NSU-Terrors werden nur von Nebenklageanwälten ihren Mandanten versprochen.

Der Generalbundesanwalt setzt sein Plädoyer mit einer unglaublichen Unterstellung fort.

 

 

Rechte Hintermänner des NSU-Terrors werden nur von Nebenklageanwälten ihren Mandanten versprochen.

Der Generalbundesanwalt setzt sein Plädoyer mit einer unglaublichen Unterstellung fort.

 

 

Am nunmehr dritten Tag der Plädoyers des Generalbundesanwaltes setzte Oberstaatsanwältin Greger ihren Vortrag fort. Sie ging zunächst insbesondere auf das Bekennervideo des NSU ein. Die Anklagebehörde ist überzeugt, dass Zschäpe in die Produktion des Videos eingebunden war und entgegen ihrer nicht glaubhaften Einlassung demnach den Inhalt kannte, als sie die Videos versandte. Zuvor habe sie quasi als Archivarin des Trios die Mordtaten und Anschläge dokumentiert.

Mit dem Tod von Böhnhardt und Mundlos sei der NSU aufgelöst gewesen, weil er - so der Generalbundesanwalt - nur aus 3 Personen bestanden habe (hierzu haben wir bereits deutlich in unserer Presseerklärung vom 25.07.2017 Stellung genommen). Zschäpe habe sich bewusst für den "Weg in den Terror" entschieden. Sie hätte jederzeit aussteigen können, habe sich aber bewusst dagegen entschieden. Vielmehr habe sie weit mehr zur Abtarnung der Gruppe unternommen, als bei einer bloßen Flucht vor den Strafverfolgungsbehörden notwendig gewesen sei. Noch nach dem Tod von Böhnhardt und Mundlos habe sie die Opfer treffen und verhöhnen wollen. Sie habe im November 2011 die Wahl gehabt, das Ende der Vereinigung zu akzeptieren. Stattdessen habe sie das menschenverachtende Bekennervideo an etliche Empfänger versandt.

Sodann kam Oberstaaatsanwältin Greger zur Würdigung der einzelnen Taten. Bürger "südeuropäischer Herkunft", insbesondere türkischer Herkunft, sollten getroffen werden. Nach Vorstellung des NSU hätten diese Menschen in Deutschland kein Existenzrecht gehabt. Es wurden insbesondere Migranten und ihre Familien getroffen, die sich hier gut eingelebt hatten. Die Opfer sollten arg- und wehrlos völlig überraschend in einer Alltagssituation getroffen werden. Sie hätten den Angreifern nichts entgegensetzen können. Auswahlkriterium für den NSU sei allein die "nichtdeutsche Herkunft" gewesen. Bei diesen 9 Morden sei jeweils die Waffe Ceska 83 mit Schalldäpfer verwendet worden. Bei zwei Morden schossen beide Täter, weil zusätzlich die umgebaute Schreckschusspistole Bruni genutzt war.

Nunmehr ging Frau Oberstaatsanwältin Greger auf jeden einzelnen Mord und Anschlag ein. Bei ihrer Beweiswürdigung hinsichtlich der Folgen der einzelnen Taten sparte sie dabei die weitere Traumatisierung der Betroffenen durch die in der Folge geführten Ermittlungen - die sich in erster Linie gegen die Opfer selbst richteten - vollkommen aus. Die weiteren Folgen der Taten für die Hinterbliebenen und Verletzten des Terrors wurden zudem allenfalls am Rande erwähnt, obwohl in der Hauptverhandlung Angehörige von immerhin 4 der 10 Mordopfer sowie zahlreiche Verletzte der Bombenanschläge detailliert dazu ausgesagt hatten. Die Darstellungen dazu glichen insoweit teils wörtlich der Anklageschrift.

Zum Mord an Mehmet Kubasik erklärte Oberstaaatsanwältin Greger, dass Böhnhardt und Mundlos den "deutschen Staatsangehörigen türkischer Herkunft" am 04. April 2006 in Dortmund regelrecht hingerichtet hatten. Früher als gewöhnlich habe Mehmet Kubasik an diesem Tag gearbeitet. Normalerweise wäre seine Ehefrau zu dieser Zeit im Kiosk gewesen. Mehmet Kubasik habe ahnungslos hinter dem Verkaufstresen gestanden. Der erste Schuss habe ihn verfehlt, so dass er die Hände hoch riss. Zwei weitere Schüsse trafen ihn in den Kopf. Mehmet Kubasik sei 39 Jahre alt geworden und hinterlasse eine Ehefrau und 3 Kinder. 1991 sei das Opfer aus der Türkei nach Dortmund gekommen. Im Jahr 2003 seien die Familienmitglieder eingebürgert worden. Die finanzielle Grundlage der Familie habe der Kiosk gebildet. Nach der Tat habe dieser aufgegeben werden müssen, wodurch die Familie ihre Lebensgrundlage verlor. Die Tat sei von langer Hand geplant gewesen. Es habe Ausspähnotizen im selben Bezirk gegeben. Jedoch sei der Kiosk selbst darin nicht verzeichnet worden. Die Anmietdaten des Wohnmobils korrespondieren zudem mit den Morden an Mehmet Kubasik und Halit Yozgat.

Dann am Ende tritt Frau Greger nach, will die Nebenkläger darüber belehren, dass ihre Anwälte ihnen weitere Täter nur versprochen hätten und stellt gleich der eigenen Behörde einen Persilschein aus.

Wörtlich:

"Eine Existenz von rechten Hintermännern an den Tatorten, die einige Rechtsanwälte ihren Mandanten offensichtlich versprochen hatten, hat sich bislang weder in den seit sechs Jahren laufenden Ermittlungen und der Hinweisbearbeitung, noch in der 360-tägigen Beweisaufnahme, wo wieder jedem Hinweise darauf nachgegangen wurde, ... noch in den breit angelegten Beweiserhebungen der zahlreichen Untersuchungsausschüssen bewahrheitet."

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

"Es ist eine Frechheit, zu unterstellen, dass Nebenklageanwälte den Hinterbliebenen und Verletzten des NSU-Terrors "rechte Hintermänner" an den Tatorten versprochen hätten. Denn es unterstellt zum einen, dass unsere Mandanten nicht selbständig in der Lage wären, sich eine Meinung zu bilden. Zum anderen ignoriert der Generalbundesanwalt, dass in den letzten über 360 Hauptverhandlungstagen zahlreiche Beweismittel gefunden wurden, die Unterstützer der Gruppe an den jeweiligen Tatorten nahe legen. Auch alle Untersuchungsausschüsse gehen im Ergebnis davon aus. Es ist gerade der Verantwortung des Generalbundesanwaltes und der Verfassungsschutzbehörden zuzurechnen, dass diese Hinweise auch in den letzten fast 6 Jahren nach Selbstenttarnung des NSU nicht angemessen verfolgt wurden, Informationen nicht herausgegeben werden, vertuscht und geschreddert wird. Es jetzt so darzustellen, dass alles dazu ermittelt worden wäre - ohne überhaupt Einzelheiten dazu zu nennen - ist eine schlichte Verdrehung der Wahrheit, eine Diffamierung nicht nur von engagierten Nebenklageanwältinnen und -anwälten, sondern vor allem auch der Opfer des NSU- Terrors selbst."

 

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