„Ich gebe Ihnen dazu keine Antwort, auch wenn Ihnen das nicht gefallen wird.“

Pressemitteilung der Nebenklägervertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle v. 1. Juli 2014

„Ich gebe Ihnen dazu keine Antwort, auch wenn Ihnen das nicht gefallen wird.“

Der Rechtsextremist Thomas Gerlach, der heute vor dem OLG vernommen worden ist, verweigerte die Aussage, als er von dem Vorsitzenden zu seiner Beziehung zu den „Hammerskins“ befragt wird. Zuvor wurde der Beschluss des 6. Strafsenats bekannt gegeben, mit dem der Antrag der Verteidigung Wohlleben, den Haftbefehl aufzuheben, abgelehnt worden ist. Daraufhin erhob die Verteidigung Wohlleben gegen den Senat den Vorwurf der Befangenheit.

Am Morgen des 121. Hauptverhandlungstages wurde der Beschluss des Senates den Verfahrensbeteiligten bekannt gegeben, mit dem der Antrag der Verteidigung Wohllebens, den Haftbefehl aufzuheben, hilfsweise außer Vollzug zu setzen, abgelehnt worden ist. Die Verteidigung Wohlleben hatte vorher einen entsprechenden Antrag gestellt mit der Begründung, dass die bisherige Beweisaufnahme den dringenden Tatverdacht, dass Wohlleben die Ceska, mit der die neun rassistischen Morde begangen worden sind, für das Trio besorgt habe, bestätigt habe und es insofern auch an einem dringenden Tatverdacht, dass Wohlleben Beihilfe zu diesen Taten geleistet habe, fehle.

In dem ablehnenden Beschluss führt nun der Senat aus, dass „nach vorläufiger Bewertung“ sehr wohl die bisherige Beweisaufnahme den dringenden Tatverdacht in Bezug auf Wohlleben bestätigt habe. Sowohl der Kauf der Ceska über den Angeklagten Carsten Sch., dessen Ausstattung mit einem Schalldämpfer und die Zuordnung der Ceska zu den Morden sei durch die bisherige Beweisaufnahme bestätigt worden. Dem Angeklagten Wohlleben sei auch aus den mit Böhnhardt und Mundlos geführten Diskussionen bekannt gewesen, dass diese bereit seien, zur Durchsetzung ihrer rassistischen Ziele Waffen einzusetzen. Der Senat lässt damit erkennen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Wohlleben wegen der ihm vorgeworfenen Taten auch verurteilt werden wird, sehr hoch ist.

Daraufhin hat die Verteidigung Wohlleben den gesamten Senat wegen Besorgnis der Vergangenheit abgelehnt. Über das Ablehnungsgesuch wird in den nächsten Tagen der dafür zuständige Senat entscheiden.

Die schon für den Vormittag geplante Vernehmung des Neonazis Thomas Gerlach konnte daher erst am Nachmittag beginnen. Thomas Gerlach war seit den 1990er Jahren zentrale Person und Multifunktionär in der Neonaziszene in Thüringen und Sachsen. Thomas Gerlach war  als Kameradschaftsführer aktiv, Mitglied der NPD und hat u. a. das „Fest der Völker“ zusammen mit dem Angeklagten Wohlleben und dem Zeugen André Kapke organisiert. Er verfügt über weitreichende bundesweite und internationale Kontakte zu rechtsextremistischen Gruppen. Seit 2001 ist er Mitglied der „Hammerskins“, einer elitären, internationalen Naziskin-“Bruderschaft“, die potentielle Mitglieder einem besonderen Auswahlprozess unterzieht, extrem rassistisch ist und den bewaffneten Kampf befürwortet. Mitglieder der „Hammerskins“ soll es verboten sein, mit Dritten über ihre Mitgliedschaft zu sprechen. Thomas Gerlach steht u. a. im Verdacht, in Waffenbeschaffungen involviert zu sein und dem Trio die aktuellen persönlichen Daten von Mandy St. besorgt zu haben.

In seiner Vernehmung am Dienstag relativierte der Zeuge die Beziehung der Neonazi-Szene zur Gewalt. Wenn er in einschlägigen Internetforen über das „Abfackeln“ von Polizeiwachen sinniert hatte, dann sei das nur „humoristisch“ und keinesfalls ernst gemeint. Bei ihnen in der Szene sei es Konsens gewesen, dass Gewalt nicht funktioniere; eine erstaunliche Behauptung angesichts der engen Verbindung zwischen der Befürwortung und Anwendung von Gewalt und rechtsextremistischer Ideologie. Befragt nach seiner Verbindung zu den Hammerskins, insbesondere ob er Mitglied dieser Organisation sei, verweigerte der Zeuge deren wahrheitsgemäße Beantwortung mit den Worten: „Ich gebe dazu keine Antwort, auch wenn es Ihnen nicht gefallen wird.“ Auf nochmaliges Nachfragen antwortete der Zeuge, dass es ihm sein persönliches Wertgefühl verbiete, darüber, also über die „Hammerskins“, zu reden. Dabei blieb er auch, als ihm der Vorsitzende mehrmals über die Folgen eines Aussageverweigerung belehrt hatte. Zu dem Einsatz von Zwangsmitteln kam es aber nicht, weil die Vernehmung des Zeugen unterbrochen wurde. Er wird zu einem späteren Zeitpunkt erneut geladen werden.

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