Nach langem mal wieder eine Aktion der Verteidigung von Zschäpe: Befangenheitsgesuch ohne Aussicht auf Erfolg.

Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle

vom 29. Juli 2014

 

Nach langem mal wieder eine Aktion der Verteidigung von Zschäpe: Befangenheitsgesuch ohne Aussicht auf Erfolg.

 

Thomas R., Unterstützer des Trios auf der Flucht und langjähriger Bekannter sowohl in Chemnitz als auch in Zwickau, wurde heute weiter vernommen. Seine letzte Befragung wurde am 100. Verhandlungstag unterbrochen, weil er sich weigerte, Fragen zum Komplex Blood & Honour zu beantworten. Es wurde zwischenzeitlich geklärt, dass gegen R. 2008 wegen Unterstützung von Blood & Honour ermittelt wurde. Die Vorwürfe wären allerdings aktuell verjährt, so dass ihm kein Auskunftsverweigerungsrecht zur Verfügung steht.

Der Vorsitzende fragte zunächst noch einmal die Inhalte seiner BKA-Vernehmung bei dem Zeugen ab. Es ging vorrangig um Kontakte von R., die er zu dem Trio pflegte, nachdem die Drei aus seiner Wohnung, in der sie zwischenzeitlich untergetaucht waren, ausgezogen waren. Er hatte alle Drei in wechselnden Konstellationen sowohl später in Chemnitz, als auch in Zwickau weiter getroffen. Angeblich sei es nur um Computerspiele gegangen. Er habe niemanden von den Kontakten erzählt.

Im weiteren Verlauf der Befragung wurde klar, dass Thomas R. in die Organisation von Konzerten für Blood & Honour zusammen mit Thomas S. und Jan W., beides ebenfalls wichtige Unterstützer des Trios, eingebunden war. Er versuchte es zwar runter zu spielen. Deutlich wurde aber, dass R. eine nicht unwesentliche Rolle als williger Helfer in der Chemnitzer Neonaziszene spielte und nicht umsonst über längere Zeit noch den Kontakt zum Trio, selbst nach 2 Umzügen, noch hielt.

R. spielte die Organisation der „88iger“ in Chemnitz herunter. Es sei angeblich nur um Freundschaft und Konzerte gegangen. Auf mehrere Nachfragen des Vorsitzenden stellte sich heraus, dass R. was konkrete Bezüge zu Blood & Honour sowie die Mitglieder und Songtexte der Band „Blitzkrieg“ betrifft, gelogen hatte. Die Vernehmung wurde bis nachmittags zunächst unterbrochen.

Zwischenzeitlich wurde ein Richter am BGH vernommen, der als dortiger Ermittlungsrichter bei der Vorführung des Zeugen Matthias D. zur Haftbefehlseröffnung dessen Angaben aufgenommen hatte. Die Vernehmung des Richters war deswegen erforderlich, weil sich Matthias D. in der Hauptverhandlung vollumfänglich auf sein Auskunftsverweigerungsrecht berufen hatte. Matthias D. gab an, dass er das Trio umfangreich in Chemnitz unterstützt habe. Sie hatten unter anderem längere Zeit bei ihm, über Vermittlung seiner damaligen Freundin Mandy S., gewohnt. Die Angaben, die Matthias D. bei der Polizei dazu bereits umfangreich gemacht hatte, sind bereits durch die polizeilichen Vernehmungsbeamten in die Hauptverhandlung eingeführt worden.

Bevor die Verteidiger von Zschäpe Fragen stellten, kündigte Rechtsanwalt Stahl einen erneuten „unaufschiebbaren Antrag“ an, was in der Regel ein Befangenheitsgesuch meint. Die Sitzung wurde sodann für 2 ½ Stunden unterbrochen.

Dann verlas Stahl das Befangenheitsgesuch von Zschäpe. Sie lehnte den gesamten Strafsenat ab, weil dieser die Befragung des Bundesrichters vermeintlich nicht konsequent genug durchgeführt habe. Insbesondere hätten alle Richter Fragen unterlassen, die aus Sicht der Verteidigung entlastende Momente für Zschäpe herausgestellt hätte, so zum Beispiel die Aussage von Matthias D., dass Zschäpe ihre Katzen bei Nachbarn zu Pflege gegeben habe. Die Drei hätten für den Zeugen D. nicht den Eindruck erweckt, im Untergrund zu leben.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

„Das Befangenheitsgesuch hat keine Aussicht auf Erfolg. Das dürften die Anwälte von Zschäpe, die erfahrene Strafverteidiger sind, wissen. Über die Gründe, warum nach längerer Passivität der Verteidigung und dem Antrag von Zschäpe, ihre Verteidiger zu entpflichten, nun gerade ein solcher Antrag kommt, kann nur spekuliert werden. Wenn damit nunmehr eine neue Aktivität der Verteidiger von Zschäpe demonstriert werden sollte, wäre das an dieser Stelle jedenfalls auch für die Angeklagte nutzlos.“

 

Der Vorsitzende erklärte sodann, dass die Verhandlung zunächst fortzusetzen ist, bis unverzüglich – spätestens in drei Tagen – über das Gesuch entschieden ist. Diese Verfügung wurde nicht von der Verteidigung beanstandet, was verwundert, denn sie hätte auch darüber einen Gerichtsbeschluss herbeiführen können, der für eine mögliche Revision ausschlaggebend wäre.

Danach wurde die Vernehmung des Bundesrichters durch Rechtsanwalt Stahl fortgesetzt. Er fragte vorrangig nach der Einschätzung, die der Ermittlungsrichter von dem Zeugen Matthias D. selbst hatte. Darauf kommt es allerdings im laufenden Prozess nicht an, da sich der Senat ein eigenes Bild von der Glaubhaftigkeit der Angaben von D. machen muss.

Die ursprünglich für diesen Tag weiter vorgesehene Vernehmung von Thomas R. wurde wegen der fortgeschrittenen Zeit erneut verschoben.

Der Bruder von Andre E, Maik E. machte - wie zu erwarten - von seinem Recht zur Aussageverweigerung Gebrauch. Am Vormittag betrat er das Gerichtsgebäude mit einem T-Shirt mit der Aufschrift "Brüder Schweigen" was doppeldeutig auch auf Liedgut der SS hinweist und mit der Aufschrift der "Gefangenhilfe" - aus seiner Sicht offensichtlich Aussage genug.

 

 

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