Umstrittener Münchner Kommunistenprozess endet mit hohen Haftstrafen.

Der 7. Strafsenat des OLG München hat zehn Aktivist*innen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu Freiheitsstrafen zwischen 2 Jahren und 9 Monaten und 6 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Der Angeklagte Müslüm Elma wurde auch wegen des Vorwurfs der Rädelsführerschaft in der TKP/ML verurteilt. Nach mehr als 5 Jahren Untersuchungshaft wurde der Haftbefehl gegen ihn heute durch das OLG München aufgehoben. 

Damit endet heute vorläufig eines der längsten politischen Verfahren in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Dieser absurde Mammutprozess dauerte mehr als 4 Jahre und nahm 234 Hauptverhandlungstage in Anspruch. 

Es ist das erste in Deutschland wegen Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei der Türkei/Marxisten Leninisten (TKP/ML) geführte Gerichtsverfahren. Es ist zugleich das erste, in dem Angeklagte wegen der Mitgliedschaft in einer „ausländischen terroristischen“ Organisation nach § 129b StGB verurteilt wurden, die auf keiner internationalen Terrorliste steht, die in Deutschland nicht nach dem Vereinsgesetz verboten ist und deren Mitglieder häufig einen Flüchtlingsstatus in Deutschland erhalten haben. Lediglich die Türkei stuft die Organisation bisher als terroristisch ein. 

Rechtsanwalt Dr. Stolle, der die einzige Angeklagte, die Nürnberger Ärztin Dr. Dilay Banu Büyükavci verteidigt, erklärt, dass das Verfahren nicht legitim ist und hat wiederholt mit seinen Kolleg*innen dessen Einstellung gefordert. Während in der Türkei die AKP und Erdogan ein diktatorisches Unrechtsregime errichten und den Großteil der Opposition wegen „Terrorverdachts“ verfolgt, macht sich der deutsche Staat mit diesem Verfahren zum politischen Erfüllungsgehilfen, wenn er hier ebenfalls türkische Oppositionelle strafrechtlich verfolgt. Denn der Einleitung dieses Strafverfahrens liegt eine außenpolitische Entscheidung, die Erteilung der sogenannten Verfolgungsermächtigung durch das Bundesjustizministerium, zugrunde: Ob eine Strafverfolgung durchgeführt wird, ist also eine politische und keine juristische Entscheidung.

Keinem der Angeklagten wurde die Beteiligung an einer konkreten Straftat – insbesondere keine Gewalthandlung – in Deutschland vorgeworfen. Kriminalisiert wurde allein die vermeintliche Mitgliedschaft in der Organisation TKP/ML.  

Das Gericht hat während des Verfahrens auch zugestanden, dass das Verfahren auch im Interesse der Türkei geführt wird und an dem diktatorischen Charakter des Erdogan-Regimes keinen Zweifel gelassen. Auch das Gutachten des seitens des Gerichts geladenen Sachverständigen kam zu dem Ergebnis, die eigentliche Bedrohung für die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei gehe von der AKP und Erdogan selber, aber nicht von der TKP/ML aus. Dennoch erfolgten Verurteilungen zu hohen Haftstrafen. 

Es zeigt einmal mehr, wie problematisch § 129b StGB selbst, aber auch die Erteilung von Verfolgungsermächtigungen die dazu führen, dass die hiesige Justiz Widerstand gegen das Erdogan-Regime kriminalisiert und dieses damit unterstützt, sind. 

Die Verteidigung wird gegen das Urteil Revision einlegen.

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