„Unser Mandant ist Nationalsozialist, mit Haut und Haaren.“ - Plädoyer der Verteidiger von André Eminger

„Unser Mandant ist Nationalsozialist, mit Haut und Haaren.“

Plädoyer der Verteidiger von André Eminger

 

Der Verhandlungstag begann – wie geplant – mit dem Plädoyer der Verteidiger des Angeklagten André Eminger, Rechtsanwalt Hedrich und Rechtsanwalt Kaiser. So klar, wie es bei keinem anderen Angeklagten gesagt wurde, machte Rechtsanwalt Hedrich gleich zu Beginn deutlich: „Unser Mandant ist Nationalsozialist, mit Haut und Haaren.“ Die anderen Angeklagten würden dies für sich nicht zugeben wollen. Sie als Verteidiger würden keinesfalls die Gesinnung des Angeklagten vertreten, sondern gegen einzelne Tatvorwürfe verteidigen. Soweit, so klar. Das weitere – inhaltlich eher übersichtliche - Plädoyer konnte allerdings genau dieses Verteidigungsziel nicht erfüllen. Zweifel an den in der Hauptverhandlung ermittelten Tathandlungen von Eminger konnten beide Verteidiger nicht darstellen.

Vielmehr verlor sich das Plädoyer in Zitaten aus der Akte, die im Wesentlichen den – allen Verfahrensbeteiligten bekannten – Verfahrensgang betrafen. Hedrich stellte im Ergebnis dar, dass aufgrund einer Teileinstellung im Vorfahren und des Beschlusses des Bundesgerichtshofs zur Haftfrage aus dem Jahr 2012 bereits kein Raum mehr für eine Verurteilung der Übrig gebliebenen Tatvorwürfe vorhanden sei. Die Bundesanwaltschaft habe zwar viele Indizien dargelegt, aber versäumt, diese zeitlich einzuordnen – was allerdings auch die Verteidigung nunmehr nicht mit entgegenstehende Thesen versuchte nachzuholen. Hedrich stellte Eminger als zur Tatzeit „jungen Menschen“ dar, der sich der Skinheadbewegung angeschlossen hatte, ohne genaue Kenntnis von den Inhalten der rechten Ideologie zu haben. Er versuchte dies anhand einer Befragung durch den MAD bei der Bundeswehrzeit von Eminger zu verdeutlichen, wo – so Hedrich – Eminger die Losung „Blut & Ehre“ der Waffen-SS und nicht der Hitlerjugend zugeschrieben hatte.

Rechtsanwalt Kaiser setzte diese Argumentation fort. Im Wesentlichen zitierte er das Plädoyer der Bundesanwaltschaft in weiten Teilen, um dann jeweils folgend zu negieren, dass danach ein Tatnachweis geführt werden könne – allerdings ohne eine alternative Erklärung, die geeignet gewesen wäre, die Indizienlast zu entkräften.

Hedrich versuchte im Folgenden wiederum den Verdacht auf den Zwillingsbruder von André Eminger zu lenken, weil dieser auch „ideologischer“ Zwilling gewesen sei und niemand ausschließen könne, dass er mit den Personalien seines Bruders Wohnmobile für den NSU angemietet habe. Allerdings gibt es dafür auch keinerlei Belege, die eine solche Geschichte plausibel machen könnten. Zudem sei der Zeitpunkt der Ablage der Bombe mit der Anmietdauer des Wohnmobils nicht in Einklang zu bringen – wobei die Verteidigung wiederum verkennt, dass die Zeugen den genauen Zeitpunkt des Ablegens der Bombe um Weihnachten 2000 herum nicht exakt eingrenzen konnten.

Zutreffend weißt die Verteidigung vom Eminger zwar darauf hin, dass es erhebliche Zweifel daran gibt, dass Mundlos oder Böhnhardt persönlich die Bombe platziert haben. Rechtsanwältin Lunnebach hatte hierzu in ihrem Plädoyer darauf hingewiesen, dass die von den Betroffenen beschriebene Person, ein gänzlich anderes Aussehen hatte. Obwohl Zschäpe vortragen lassen hat, dass Böhnhardt persönlich die Bombe abgelegt habe, ist es durchaus wahrscheinlich, dass es lokale Mittäter gab, die in den Anschlag verwickelt waren. Dies ändert jedoch nichts daran, dass Mundlos und Böhnhardt die Bombe gebaut sowie nach Köln transportiert, den Plan entwickelt und sich im Nachhinein zur Tatbegehung bekannt haben. Auch wenn es weitere – bislang unbekannte – Mittäter gab, würde es dann – nach der Darstellung von Rechtsanwältin Lunnebach – immer noch eine Beihilfehandlung von André Eminger geben. Mit diesen Argumenten setzte sich die Verteidigung Eminger jedoch nicht weiter auseinander.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

„Die Verteidigung von André Eminger versucht einzelne Puzzlestücke eines Gesamtbildes herauszunehmen und jeweils in Frage zu stellen. Das ist natürlich zulässig, ändert aber am Ergebnis nichts. Denn es gibt aber keine plausible Gegenerzählung oder zumindest dargestellte Variante, die mit der gesamten Indizienkette vereinbar wäre. Deswegen kann der Versuch des Zweifels im Detail nicht zu einer Erschütterung des Gesamtbildes führen. Wenn Eminger vortragen lässt, er sei überzeugter Nationalsozialist, dürfte er damit auch Anerkennung in der rechten Szene suchen wollen. Viel interessanter ist allerdings die Aussage, dass die anderen Angeklagten dies für sich selbst wahrheitswidrig nicht zugeben würden – eine Aussage von jemanden der über ein Jahrzehnt eng mit Zschäpe verbunden war, ihre politische Überzeugung also kennen dürfte, wie kaum ein anderer.“

 

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