Verfassungsschützer aus Hessen decken ihren Mitarbeiter: „ Da muss man ja dann bloß eine Leiche in der Nähe eines V-Mann-Führers ablegen und schon wäre ganze Verfassungsschutz lahmgelegt.“

Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle

vom 6. August 2014

 

Verfassungsschützer aus Hessen decken ihren Mitarbeiter: „ Da muss man ja dann bloß eine Leiche in der Nähe eines V-Mann-Führers ablegen und schon wäre ganze Verfassungsschutz lahmgelegt.“

 

Als Zeugen waren heute, am zunächst letzten Tag vor der Sommerpause, Polizeibeamte aus Kassel zum Mord an Halit Yozgat geladen. Ein Polizeibeamter sagte zunächst zu der Zeugenaussage eines Mannes aus, der zur Tatzeit im Internetcafé von Halit Yozgat war, aber leider keine Angaben zu den Tätern machen konnte. Er hatte sich – anders als der Verfassungsschützer Andreas T. - von vornherein als Zeuge gemeldet, konnte aber nur zu Knallgeräuschen etwas sagen, die er aus der Telefonzelle gehört hat, auf den Empfangstresen hatte er beim telefonieren nicht geachtet.

 

Ende Juni 2006 habe der Polizeibeamte an einer Besprechung mit dem Landesamt für Verfassungsschutz in Hessen teilgenommen. Zunächst habe das Landesamt eigene Befragungen von V-Leuten legendiert zur Verfügung gestellt. Die Polizei kam in der Sache aber nicht weiter, wollte selbst mit den wichtigsten Informanten reden. Deswegen sprach man Ende Juni 2006 bei verschiedenen für Geheimschutz zuständigen Mitarbeitern des Verfassungsschutzes vor. Auch die Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft hätten sich um Aussagegenehmigungen bemüht. Das sei aber letztlich vom Minister abgelehnt worden. So habe man sich mit den knappen Antworten des Verfassungsschutzes ohne polizeiliche Mitwirkungsmöglichkeiten zufrieden geben müssen. Der Verfassungsschutz habe allenfalls die Möglichkeit angeboten, dass Polizeibeamten legendiert als vermeintliche Verfassungsschützer an den Befragungen teilnehmen könnten, was aber von Polizei und Staatsanwaltschaft wegen der offensichtlichen Rechtswidrigkeit dieses Vorgehens abgelehnt wurde. Sie hätten mehrfach versucht, dem Verfassungsschutz die Wichtigkeit der Ermittlungen in der Mordserie mit bis dahin neun Toten deutlich zu machen, was ignoriert wurde. Vielmehr wurde flapsig erwidert, dass man ja dann „bloß eine Leiche in der Nähe eine V-Mann-Führers ablegen“ müsse und schon wäre der Geheimschutz aufgehoben. Eine Entlassung des Tatverdächtigen Andreas T. wollte der Verfassungsschutz verhindern.

 

Die Angaben von Andreas T. seien auch für die Polizei so wenig glaubhaft gewesen, dass bis heute offen ist, was er tatsächlich von dem Geschehen mitbekommen habe. Ein Verlust der Quellen wurde vom Verfassungsschutz als „größtmögliches Unglück“ dargestellt. Dass mögliche weitere Opfer der Mordserie an Migranten folgen könnten, war zweitrangig.

 

Der Polizeibeamte schilderte, dass er bis heute nicht darüber hinwegkommt, das so viele Fragen offen geblieben sind, insbesondere, warum Andreas T. offensichtlich gelogen habe.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

 

„Das Landesamt für Verfassungsschutz in Hessen hat offensiv die Ermittlungen in der Mordserie behindert, gedeckt durch eine persönliche Anordnung des damaligen CDU-Innenministers Bouffier. Rechtswidrige Ermittlungsmethoden wurden vorgeschlagen, der eigene Mitarbeiter gedeckt. Vermeintliche Geheimhaltungsinteressen wurden über die Aufklärung einer Mordserie mit bis dahin neun Toten gestellt, weitere Opfer der Mordserie so durch die Verantwortlichen in Kauf genommen.“

 

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