Wohlleben und Carsten Sch. wegen Beihilfe zum neunfachen Mord überführt
Der Generalbundesanwalt setzt sein Plädoyer mit dem Vortrag von Oberstaatsanwalt Weingarten fort
Am nunmehr vierten Tag der Plädoyers des Generalbundesanwaltes begann Oberstaatsanwalt Weingarten mit seinem Plädoyer. Er beschäftigte sich mit dem Vorwurf der Beihilfe zum neunfachen Mord seitens der Angeklagten Wohlleben und Carsten Sch.. Beide Angeklagte hätten während des Verfahrens eher im Schatten gestanden. Der Generalbundesanwalt habe allerdings den gleichen Fokus auch auf diese beiden weiteren Anegklagten gelegt, wie auf die Angeklagte Zschäpe. Die Beweislage beruhe auf Indizien und sei komplex. Die nächsten beiden Hauptverhandlungstage würden daher allein für die Bewertung des Beweisergebnisses bezüglich der beiden Angeklagten Wohlleben und Carsten Sch. benötigt werden.
Vorweg genommen sei, dass Wohlleben und Carsten Sch. nach Auffassung des Generalbundesanwalt in vollem Umfang der Beihilfe zum Mord in neun Fällen schuldig sind. Bereits vor dem Abtauchen von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt sei Wohlleben in die Logistik des Trios eingebunden gewesen. Er habe aber auch danach umfangreiche Unterstützung geleistet. Carsten Sch. habe ebenfalls zur rechtsextremistischen Szene in Jena gehört. Er habe zwar aufgrund seines jungen Alters nicht zum unmittelbren Umfeld des Trios gehört. Jung und hilfswillig habe er sich aber damals durch den Auftrag, dem Trio eine Waffe besorgen zu sollen, geehrt gefühlt. Dafür wandte er sich wiederum an Wohlleben. Dieser schickte ihn zum örtlichen Szeneladen "Madleys", um dort die Waffe mit Schalldämpfer und Munition zu besorgen. Dies sei im Ergebnis nach Rücksprache mit Wohlleben, der auch das Geld dafür zur Verfügung stellte, erfolgreich gewesen. Wohlleben habe die Schalldämpferpistole geprüft. Danach habe Carsten Sch. die Waffe an Mundlos und Böhnhardt übergeben, wobei ihm bekannt wurde, dass bereits ein Sprengstoffanschlag in Nürnberg verübt worden sei. Mit der Waffe Ceska 83 nebst Schalldämpfer seien neun Opfer des NSU erschossen worden.
Wohlleben und Carsten Sch. seien zum Tatzeitpunkt von Hass auf vermeintlich "Fremde", Juden, Linke oder überhaupt politisch Andersdenkende "durchdrungen" gewesen. Beide fühlten sich den Untergetauchten aufgrund ihrer neonazistischen Einstellungen unbedingt verpflichtet. Es sei sichere Überzeugung des Generalbundesanwalts, dass die übergebene Waffe, die Ceska 83 war, mit welcher die Morde verübt worden seien. Unter anderem die Angeklagten Carsten Sch. und Holger G. hätten insoweit wichtige Aufklärungshilfe geleistet. Oberstaatsanwalt Weingarten stellte sodann umfangreich dar, dass die historischen Besitzverhältnisse der Waffe Ceska 83 von der Herstellung, bis zur Übergabe an Carsten Sch. und von dort an das Trio kleinteilig und ohne jeden Zweifel belegt seien. Soweit es darum ging, dass Oberstaatsanwalt Weingarten selbst zu früheren Vernehmungen von Zeugen zur Waffenbeschaffung vor dem OLG München ausgesagt hatte, übernahm insoweit Oberstaaatsanwältin Greger den Vortrag. Zur bestreitenden Einlassung von Wohlleben erklärte wiederum Oberstaatsanwalt Weingarten, dass Wohlleben mit einer "beweisrechtlich unbedeutenden Spekulationsblase" versuchen würde, seine "offensichtlich interessengeleitete Einlassung aufzupusten".
Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:
"Die heutige Darstellung des Generalbundesanwalts zum Nachweis der Beihilfe von Wohlleben und Carsten Sch. wird von mir und vielen meiner Kollegen und Kolleginnen der Nebenklage geteilt. Die Beweisführung ist insoweit durchaus widerspruchsfrei, kleinteilig und nachvollziehbar. Es war der erste Tag der Plädoyers, an dem der Generalbundesanwalt zunächst auf Seitenhiebe gegenüber der Nebenklage verzichtete und sachlich argumentierte. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Nachweis der Beihilfe von Wohlleben und Carsten Sch. selbstverständlich nichts darüber aussagt, ob und ggf. welche weiteren Unterstützer des NSU-Netzwerkes es gab."