Zschäpe will eine Erklärung über ihren Verteidiger Grasel abgeben und selbst auch Fragen des Gerichts beantworten - Fragen der Nebenklägerinnen und Nebenkläger hingegen nicht - Die Erklärung wird erst am 17.11.2015 abgegeben werden können

Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwalt Sebastian Scharmer und Rechtsanwalt Dr. Stolle vom 10.11.2015

 

Zschäpe will eine Erklärung über ihren Verteidiger Grasel abgeben und selbst auch Fragen des Gerichts beantworten - Fragen der Nebenklägerinnen und Nebenkläger hingegen nicht - Die Erklärung wird erst am 17.11.2015 abgegeben werden können

 

Es war bereits in verschiedenen Medien veröffentlicht und durch den neuen Verteidiger Grasel bestätigt worden: Zschäpe will nach über 240 Hauptverhandlungstagen eine Erklärung abgeben. Sie soll - angeblich - umfangreiche Angaben zu den Vorwürfen und zur Person beinhalten. So stand der heutige Verhandlungstag im Zeichen der für Morgen angekündigten Einlassung.

Die drei Bestandsverteidiger von Zschäpe, Heer, Stahl und Sturm, beantragten zu Beginn des Tages erneut, von der weiteren Verteidigung entbunden zu werden - was den Prozess zum Platzen bringen würde. Sie seien von der beabsichtigten Einlassung Zschäpes weder durch Rechtsanwalt Grasel, noch durch das Gericht informiert worden. Das Gericht habe in den vergangenen Beschlüssen betont, dass eine ordnungsgemäße Verteidigung durch sie drei gegeben wäre. Dem stehe das aktuelle Verhalten - nämlich sie von essentiellen Informationen faktisch auszuschließen - entgegen.

Zuvor hatte der Vorsitzende eine Erklärung verlesen, die bestätigte, dass Rechtsanwalt Grasel und sein Bürokollege Borchert den Senat über die Absicht eine Einlassung abgeben zu wollen, bereits seit längerer Zeit informiert hätten. Es sei aber letztlich bis zum 9.11.2015 - also bis gestern - unklar gewesen, wann eine solche Erklärung kommen soll. Zudem sei nicht über den Inhalt einer derartigen Einlassung gesprochen worden.

Vor der Mittagspause wurde der Prozess dann auf Antrag der Verteidigung von Wohlleben noch einmal für drei Stunden unterbrochen, weil diese ein Befagenheitsgesuch vorbereiten wollte. Am nachmittag verlasen die Verteidiger eben dieses Gesuch von Wohlleben. Er halte die Richter des Senats sämtlich für befangen. Seine Verteidiger hätten vorab von Rechtsanwalt Grasel Informationen bekommen, dass eine Einlassung von Zschäpe geplant sei. Sie hätten Wohlleben selbst jedoch erst am heutigen Tage darüber informiert. Aus den neu bekannt gewordenen Verfahrenstatsachen hätte sich ergeben, dass Heer, Stahl und Sturm seit längerer Zeit keine Kommunikation mehr mit ihrer Mandantin hätten. Das Gericht habe bereits bei den letzten Beschlüssen, die eine Entpflichtung der bisherigen drei Verteidiger von Zschäpe, abgelehnt hätten, bereits gewusst, dass Zschäpe und ihr neuer Anwalt Grasel eine Einlassung planen und dies mit keinem Wort erwähnt. Stattdessen hätten die abgelehnten Richter in Kauf genommen, dass die Verteidiger von Zschäpe "diametral engegengesetzte" Interessen verfolgen würden und trotzdem eine verfahrenskonforme Verteidigung angenommen. Dadurch sei ein "eklatanter und willkürlicher" Verstoß gegen das Fairnessgebots gegeben.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

„Dass der Senat keinen der Verfahrensbeteiligten bis zum heutigen Tag über die Absicht von Zschäpe, eine Einlassung abgeben zu wollen, informiert hat, ist tatsächlich ein Kritikpunkt. Auch die Nebenklage hätte sich auf eine deratige Situation vorbereiten können und auch langfristig klären können, ob die Nebenklägerinnen und Nebenkläger selbst anwesend sein möchten, bzw. dies besser organisieren können. Allerdings kann aus der fehlenden Information aller Verfahrensbeteiligten weder eine Entpflichtung der bisherigen Verteidiger, noch ein Befangenheitsgrund konstruiert werden. Offensichtlich versuchen sowohl die Verteidiger von Wohlleben, als auch die drei Alt-Verteidiger von Zschäpe zu verhindern, dass diese morgen eine Erklärung zur Sache abgibt. Sie werden ihre Gründe haben.“

Am Ende des Tages gab der Vorsitzende allerdings bekannt, dass erst am 17.11.2015 fortgesetzt wird. Vorher soll offensichtlich über die Anträge entschieden werden.

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